Der Lack ist ab, die Fassade bröckelt, die Theaterhäuser sind einge-stürzt oder werden nur noch von maroden Stützen stabilisiert und ge-halten. Den feudalsten Häusern gab man über die fehlende Fassade ganz schnell einen modernen, zeitgemässen Anstrich. 

Die Idee der Autoren war fantastisch, das Drehbuch für das Theater-stück war genial, simpel und bekömmlich zugleich. Das Programm war atemberaubend, triumphal und versprach, ein absoluter Erfolg für alle zu werden…

Regisseure, Intendanten und Hauptdarsteller rissen sich um das Stück, wollten ganz hoch hinaus, entpuppten sich aber als Dilettanten und kümmerliche Besserwisser. Allesamt, mit ganz wenigen Ausnahmen, haben den Kern der Aussage entnommen, ihn verdreht und zerstückelt, diametral neu zusammengebastelt und einem konsternierten Publikum neu vorgesetzt.

Gute Schauspieler wurden zu Statisten degradiert, gemobbt, als nutz-loses Gesinde rausgeworfen und ausgesperrt. Verbliebene Stars auf der kuriosen Bühne des Sozialismus vergassen ihren Text und bekamen von der Souffleuse ganz neue Sätze zugeflüstert, blinde Beleuchter mischten bunte Lichter nach eigenem Fingerspitzengefühl und verur-sachten so des Öftern Blackouts. Dem Inspizienten entgleitet die Kon-trolle, er verwechselt den Dirigenten mit dem Maskenbildner. Der Inten-dant feuert den Regisseur und der Hauptdarsteller glaubt er sei nun Direktor, Dramaturg und Fundusverwalter in einem.

 

Die Genossen liebten und hassten sich, küssten, lobten, stritten und hätschelten sich gegenseitig und merkten dabei nicht, dass die Bretter der Bühne dünn geworden waren und dass sie ihre Schauspielhäuser alle auf Sand gebaut hatten.

Das Theaterstück interessiert längst nicht mehr. Das Publikum schaut von aussen her zu und klatscht reserviert, wenn das ganze Brim­bo­ri­um allmählich in sich zusammenbricht.

 


Kommunismus bezeichnet eine politische Lehre, die anfänglich die Gütergemeinschaft zum Ziel hatte, im weiteren Sinne die klassenlose Gesellschaft, in der das Privateigentum an Produktionsmitteln aufgehoben ist und die Produktion des gesellschaftlichen Lebens rational und gemeinschaftlich geplant und durchge-führt werden sollte. 

Die Idee war simpel und in seiner Grundstruktur für jedermann verständlich. Schon zu Beginn aber, im 19. Jahrhundert, hatte die Umsetzung einer antikapitalistischen Gesellschaft durch die zahlreiche Prota-gonisten verschiedene Bedeutungen bekommen.

Der ideologische Grundgedanke von Karl Marx und Friedrich Engels wurde schon bald nach Lenins Machtergreifung in Russland so abgeändert, dass dieser etliche Gegner mit ähnlichem Konzept hatte. Stalin errichtete während seiner Regierungszeit unter dem Deckmantel des Kommunismus eine totalitäre Diktatur mit fatalen Folgen für Millionen russischer Bürger. Stalin nannte seine Art von Kommunismus «Stalinismus». Seinen langjährigen Weggefährten, Leo Trotzki verfolgte er wegen kontroverser ideolo-gischer Ansichten rund um die ganze Welt und liess ihn in Mexiko meucheln.

Der Kampf zwischen Chruschtschow und Mao Zedong um den Führungsanspruch in der kommunisti-schen Bewegung endete mit einer Spaltung und führte zu lapidaren Grenzkonflikten. Das chinesische Programm hiess von da an «Maoismus». Albaniens Enver Hoxha konvertierte in der Folge vom sowje-tischen Kommunismus zum chinesischen Maoismus. Tito in Jugoslawien betrieb eine halbherzige Art Kommunismus und verbündete sich oft mit westlichen Staaten. Bald nach seinem Tod zerfiel Jugoslawien nach schweren Kriegswirren in verschiedene eigenständige Staaten. Todor Schiwkow von Bulgarien erinnerte sich als einer der wenigen an den kommunistischen Grundgedanken und intensivierte An-strengungen zur Schaffung des neuen sozialistischen Menschen. Schiwkow war mit 35 Jahren derjenige mit der längsten Amtszeit. Aber auch er wurde nach seiner Absetzung wegen Plünderung der Staats-kasse und Korruption zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt.

Ceausescu in Rumänien liebäugelte mal mit dem Westen, dann wieder mit dem Ostblock – ganz so wie der Wind wehte –, nannte sich abwechselnd oder gleichzeitig Titan der Titanen und Sohn der Sonne, wollte alles keimfrei haben und baute in seinem Wahn Schlösser und Paläste um sich herum. Er verbün-dete sich mit arabischen Terroristen und Drogenbossen, zerstörte im Namen einer «Systematisierung» achttausend Dörfer und baute dubiose Kinderheime für «Unwiederbringliche». 

Das Volk wandte sich bald mal gegen ihn. Kurz bevor Nicolae Ceausescu und seine Frau Elena von Offizieren hingerichtet wurden, rief er: «Tod den Verrätern, die Geschichte wird uns rächen», und sang dann die Internationale. 

Die Führung der DDR zeigte sich als mustergültig und wies seinen infamen Staatssicherheitsdienst an, beim Volk für Ordnung zu sorgen. Die Tschechoslowakei verspürte unter Alexander Dubcek einen ganz kurzen «Prager Frühling». In Polen hatte Lech Wałesa und seine «Solidarnosc» das Land bestreikt und war eigentlicher Katalisator für den Fall der Berliner Mauer und die spätere Auflösung der Sowjetunion. 

Gorbatchow hatte den grossen Ballon durch Perestrojka und Glasnost zum Platzen gebracht – die Luft war plötzlich weg.

China betreibt eine ganz sonderbare Art von kapitalistischem Kommunismus. Nordkoreas Kim Jong-un, Dritter in der Thronfolge des ewigen Präsidenten, seines Grossvaters, ist Staatspräsident, oberster Führer, Regierungschef, Ministerpräsident und Chef von vielen gigantischen Umerziehungslagern etc. 

Was Pol Pot in Kambodscha unter kommunistischem System verstand, war schlichtweg eine absolute Schande. Hô Chí Minh in Vietnam war zwar unerbittlicher Revolutionär, aber gleichzeitig auch ein positives Beispiel an Vernunft und Verstand gegenüber der sozialistischen Idee. Als Präsident von Nord-vietnam lebte er sehr bescheiden und bewohnte ein einfaches Holzhaus gegenüber des Präsidenten-palastes.

Auf den Antillen hat ein gemischtes Volk namens Kubaner dank Sonne, Musik und purer Lebensfreude dem Kommunismus das Bestmögliche abgerungen. Die Kubaner haben wohl durch dieses System einiges gelernt, Traditionen bewahren können, aber letztlich doch viel an Freiheit und moderner Lebens-qualität eingebüsst. Nach abgeschlossener Revolution wurde es ‘Che‘ Guevara in Kuba zu langweilig und er suchte mit einer Handvoll Rebellen im Kongo und in Bolivien nach neuen Aufgaben. Fidel Castro zündelte mit 12‘000 kubanischen Söldnern und der Unterstützung der Sowjetunion in Angola und Mocambique.

Der «Máximo Líder» ist unlängst gestorben, sein Bruder Raul und ein paar neu eingesetzte Verwalter halten noch immer wie verbissen am kommunistischen System fest – nur fallen ihnen die Zähne allmählich aus.

 

Bilder und Texte: Martin Bührer